Die klimaneutrale Apotheke
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„Die Bewältigung der Klimakrise ist die wohl größte Herausforderung der Menschheit in diesem Jahrhundert.“ Quelle: Spiegel
Mit diesen Worten leitet SPIEGEL Online in seine neue Rubrik „Unter Zwei“ ein. Der Name der Rubrik spielt an auf das Ergebnis des Klimagipfels von Paris aus dem Jahr 2015. Darin wurde das Ziel verabschiedet, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Das Thema „Klimawandel“ ist dem SPIEGEL, also inzwischen sogar eine eigene Rubrik wert. Leider ist zu befürchten, dass es die Kategorie zum Klimawandel selbst dann noch geben wird, wenn die ebenfalls in diesem Jahr dort eingeführte Rubrik „Coronavirus“ längst wieder verschwunden sein wird.
Status quo in der Apotheke – den eigenen CO2 Fußabdruck ermitteln
Den Klimawandel kann keiner von uns alleine aufhalten – aber jeder von uns kann ein Zeichen setzen. Apotheken können in diesem Zusammenhang jede Menge tun, z.B. indem sie ihre eigene Apotheke klimaneutral stellen und dies auch nach außen kommunizieren.
Idealer Weise geht man hierbei Schritt für Schritt vor. Denn um klimaneutral zu werden, muss man sich als erstes einmal darüber klar werden, wie weit entfernt von dieser Neutralität die eigene Apotheke überhaupt ist. Somit sollte in einem ersten Schritt die CO2-Bilanz für die Apotheke anhand der ermittelbaren Emissionen aufgestellt werden. Unterteilt werden diese Emissionen in solche, die direkt in der Apotheke anfallen, in indirekte Emissionen durch zugekaufte Energie und schließlich in die sogenannten „sonstigen indirekten Emissionen.“
Direkt der Apotheke zurechnen lassen sich vor allem die Emissionen für den Wärmeverbrauch durch Heizung sowie durch den Kraftstoffverbrauch von Fahrzeugen, die überwiegend für die Apotheke im Einsatz sind. Zu den indirekten Emissionen rechnet man vor allem den Stromverbrauch sowie Fernwärme und –kälte. Etwas umfangreicher ist der Inhalt der sonstigen direkten Emissionen:
- Vorgelagerte energiebezogene Emissionen, welche sich vor allem auf die Herstellung und Transporte der Brennstoffe beziehen
- Geschäftsreisen und Hotelübernachtungen
- Arbeitswege der Arbeitnehmer
- Abfallaufkommen und Abwasser
- Verbrauchsmaterialien im Büro
Berechnet werden die Emissionen für jede dieser Kategorien anhand sämtlicher hierfür vorliegender, relevanter Daten, die man meist Verbrauchsrechnungen und ähnlichen Dokumenten direkt entnehmen kann. Dazu gehören vor allem die Grunddaten der Apotheke, die Anzahl der Mitarbeiter und der Firmen- bzw. Botenfahrzeuge, die tatsächlichen Verbrauchswerte für Strom und Heizung, sowie die Menge des anfallenden Mülls. Da diese in aller Regel nicht in der Einheit CO2 vorliegen, sondern in Quadratmetern, Kilowattstunden oder Litern, müssen sie noch, zum Beispiel anhand einer Tabelle, mit Faktoren in die korrespondierenden CO2-Werte umgerechnet.
Damit hat man die Grundlage für die nächsten Schritte, die zur Klimaneutralstellung führen sollen, geschaffen. Vor allem der sog. „Ökologische Fußabdruck“ ist jetzt ermittelt: wie viele Tonnen CO2 emittiert die Apotheke pro Jahr?
Maßnahmen ergreifen
Mit dem ermittelten ökologischen Fußabdruck kann die Apotheke, entweder selbst oder mit Hilfe eines kompetenten Dienstleisters, nun neutral gestellt werden. Das funktioniert am effizientesten mit einer konsequenten Reduktion der Emissionen. Für jede Apotheke geeignete –und obligatorisch im Rahmen der meisten CO2 Programme – Maßnahmen sind die folgenden, soweit sie nicht ohnehin schon implementiert sind:
- Einführung eines Programms zur Mülltrennung
- Senkung des Stromverbrauchs, beispielsweise durch Anbringen von Zeitschalt-Steckdosen
- Der Umstieg zu einem zertifizierten Anbieter von 100% Ökostrom
- Ein Konzept zur Einsparung von Papier und Plastik
- Der Umstieg auf Druckerzeugnisse aus recycelbarem Papier aus einer klimaneutralen Druckerei
Optional haben sich zusätzlich noch die nachfolgend erläuterten Maßnahmen als effektiv für den Klimaschutz erwiesen:
- Für größere Apotheken und Filialverbünde kann es durchaus sinnvoll sein, einen internen Nachhaltigkeits- oder Klimaschutzbeauftragten zu ernennen. Er oder sie überwacht die Einhaltung der Maßnahmen und macht aus eigener Initiative Verbesserungsvorschläge. Der Nutzen liegt nicht nur im Delegieren einer Aufgabe, durch die sich die oder der Inhaber*in Freiräume schaffen. Man denke vor allem an die Außenwirkung so einer Stelle. Ein Arbeitgeber, der so ressourcenschonend und vorausschauend agiert, wird nicht nur als attraktiv, sondern auch als krisenresistent und modern angesehen werden.
- Eine Zeitschaltuhr kann auch an der Heizung angebracht werden, damit deren Leistung außerhalb der Arbeitszeit reduziert wird. Selbst bei klimaneutralen Wärmequellen können hierdurch die Emissionen nochmal gesenkt werden. Lediglich die Nacht- und Notdienste im Winter sollte man beim Programmieren eines solchen Timers dann besser nicht außer Acht lassen.
- Alte Elektrogeräte (Faustregel: über 10-15 Jahre alt) können durch energieeffiziente Geräte ersetzen werden. Zur Verdeutlichung: ein Kühlschrank der Klasse A+++ verbraucht bspw. 22% weniger Strom als ein durchschnittliches Referenzgerät und spart damit nicht nur Energie – sondern auch bares Geld.
- Bewährt haben sich in vielen Unternehmen auch Anreizsysteme zur Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln oder zur Bildung von Fahrgemeinschaften. Dies verringert den Öko-Bilanzposten „Arbeitswege der Arbeitnehmer“ nochmal deutlich, als wenn jeder den Weg zur Arbeit im eigenen Auto zurücklegt.
Irgendwann sind aber die Emissionen der Apotheke zu Ende reduziert. Mehr geht ohne Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb dann nicht mehr. Der CO2 –Fußabdruck ist dadurch jedoch nicht verschwunden, sondern nur kleiner geworden. Was machen wir also mit den übrig gebliebenen Emissionen?
Bewährt hat sich hier die Kompensation. Dies geschieht durch die gezielte Förderung von Klimaprojekten, wodurch der CO2-Ausstoss der Apotheke, der im Durchschnitt bei 25 Tonnen pro Jahr liegen dürfte, ausgeglichen wird. Dabei handelt es sich keinesfalls um sog. „Greenwashing,“ bei dem man außer der Beruhigung des eigenen Gewissens nichts bewirkt. Abgesehen davon ist bei Themen rund um den Klimaschutz ein wenig schlechtes Gewissen vielleicht gar nicht mal das Schlechteste. Ein Beispiel aus meinem persönlichen beruflichen Umfeld: mein Arbeitgeber, die NOVENTI Health SE, fördert im Rahmen seiner „ZEICHEN SETZEN! – Initiative klimaneutrale Apotheken Deutschlands“ beispielsweise ein Windkraftprojekt zu Gunsten des weltweit größten Impfstoffherstellers in Indien. Dieses Beispiel verdeutlicht eindrücklich, dass sinnvoll eingesetzte Kompensationszahlungen sehr wohl einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Denn schließlich ist Klima global und nicht regional beschränkt.
Das Fazit
Die Apotheke vor Ort, die häufig als erste Anlaufstelle bei Gesundheitsfragen fungiert, kann hierbei eine wichtige Vorreiterrolle einnehmen, indem sie sich selbst klimaneutral stellt und sich damit ganz klar positioniert. Das nehmen nicht nur die Öffentlichkeit in Form der übrigen Unternehmer*innen im lokalen Umfeld wahr, sondern vor allem die beiden wichtigsten Zielgruppen der Apotheke: Mitarbeiter*innen und Kunden*innen.
Die Apotheken in Deutschland mit ihren mehr als 3,3 Millionen Kundenkontakten pro Tag besitzen eine nicht zu unterschätzende Sichtbarkeit. Sie können das Thema mit besetzen, unterstützen und so ein Zeichen setzen – damit Gesundheit Zukunft hat.
Florian Giermann (Jahrgang 1974, verheiratet, 3 Kinder) ist seit 1993 im Apothekenumfeld tätig – zuerst als Bote in einer Apotheke während seines Jurastudiums, danach in verschiedenen Positionen in Support, Vertrieb und Geschäftsführung von Unternehmen der NOVENTI Group. In seinem privaten Blog www.edikt-von-cupertino.de veröffentlicht er wöchentlich Essays über die Auswirkung der Digitalisierung auf die Apotheken. Sein Buch „Das Edikt von Cupertino“ zu eben diesem Thema ist im Oktober 2018 beim Deutschen Apotheker Verlag, Stuttgart erschienen.
Mehr zum Thema „klimaneutrale Apotheke“ finden Sie als Webinaraufzeichnung hier.
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